Schöpfungstag: Eine ökumenische Initiative aus der orthodoxen Kirche

Seinen Ursprung hat der Schöpfungstag in der orthodoxen Kirche. Er geht zurück auf den Ökumenischen  Patriarchen Dimitros I von Konstantinopel. „reformiert" hat mit dem Generalvikar der Serbisch-Orthodoxen Diözese für Mitteleuropa, Milan Pejic, in der Serbisch Orthodoxen Kirche Hl. Sava in Hannover über den Schöpfungstag gesprochen.

Pater Milan, einen Schöpfungstag zu feiern ist für Christen aus den Kirchen des Westens ein recht neuer Gedanke. Seit wann wird der Tag in der Orthodoxen Kirche gefeiert?

1989 hat der Ökumenische Patriarch Dimitrios I. von Konstantinopel "die ganze orthodoxe und christliche Welt" eingeladen, jedes Jahr zum 1. September in Gemeinschaft mit dem Ökumenischen Patriarchat "zum Schöpfer der Welt zu beten: mit Dankgebeten für die große Gabe der geschaffenen Welt und mit Bittgebeten für ihren Schutz und für ihre Erlösung". 1992 wurde diese Initiative auf panorthodoxer Ebene begrüßt.

 Was war für den Ökumenischen Patriarchen der Anstoß, dem Schöpfungstag innerhalb der Orthodoxen Kirchen ein solches Gewicht geben und die Ökumene zur Mitfeier einladen zu wollen?

Anlass für die Feier eines Tages der Schöpfung sind die Herausforderungen der Umweltkrise, auf welche die Kirche aus ihrem Selbstverständnis heraus antwortet. Im Kirchenkalender steht er als Tag „zur Bewahrung der natürlichen Umwelt". Nicht zufällig wurde der 1. September gewählt. Am 1. September beginnt das orthodoxe Kirchenjahr; in diesem Sinne steht das Datum für den Beginn der Zeit und für den Beginn der Schöpfung. Dem Menschen kommt dabei der besondere Auftrag zu, sich in seinem Lebenswandel auf Gott hin zu bewegen und die gesamte Schöpfung dem Schöpfer darzubringen. Die Umweltkrise lässt erkennen, dass der Mensch seiner Bestimmung nicht vollends gerecht wird. Der Tag der Schöpfung setzt ein Zeichen des Umdenkens, das zunächst im Gebet, dann auch im Handeln zum Ausdruck kommt.

Milan Pejic

Gibt es bestimmte Bibeltexte, die in die Liturgie dieses Tages gehören?

Für diesen Tag wurde eigens ein Bittgottesdienst geschaffen, der sich mit Lesungen aus dem Alten Testament harmonisch in die vorhandenen Gottesdienstordnungen einfügt. Er beginnt mit dem Schöpfungspsalm 104, wie im Übrigen jeder orthodoxe Vespergottesdienst. Hier wird deutlich, dass es sich beim Tag der Schöpfung nicht um eine vollkommene Neuerung in der Orthodoxen Kirche handelt, sondern um eine Akzentsetzung. 

Was hat die Orthodoxen Kirchen bewegt, die Ökumene einzuladen, Ihre Tradition des Schöpfungstages aufzugreifen?  

Der Umgang mit der Schöpfung ist ein Thema, das die gesamte Menschheit betrifft und unterschiedliche soziale, politische und wissenschaftliche Institutionen und Organisationen beschäftigt. Es ist nur natürlich, dass die Kirche nicht teilnahmslos daneben steht. Sie nimmt das Vergehen an der Schöpfung wahr, geht den Weg der Umkehr, will dem Schöpfer den gebührenden Lobpreis durch die Schöpfung darbringen und konkrete Schritte einüben. Die Grundlage des christlichen Glaubens begründet auch hier ein gemeinsames Zeugnis in der Welt.

Die Ökumene hat den Schöpfungstag aufgegriffen und beginnt ihn für sich zu entdecken. Feiern aber die Kirchen des Ostens und des Westens dasselbe?

Die Tatsache, dass verschiedene Kirchen den Tag der Schöpfung für sich entdecken, ist ein positives Zeichen, das auf die Sensibilisierung für die Umweltproblematik hinweist. Dass es da unterschiedliche liturgische Formen der Feiern gibt, ist legitim - schließlich soll dieser Tag keinen Fremdkörper in der eigenen Kirche bilden.

Noch steckt der Tag vielerorts ökumenisch in den Kinderschuhen. Wie wünschen Sie sich die Feier im Jahr 2020?

Ein ökumenischer Tag der Schöpfung wird bereits seit Jahren in verschiedenen Regionen und Orten gefeiert. Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen wird auf dem Ökumenischen Kirchentag in München einen gemeinsamen Tag der Schöpfung ausrufen, den sie jedes Jahr am ersten Freitag im September mit einer zentralen ökumenischen Feier auf Bundesebene begehen will. Dies wird in diesem Jahr am 3. September in der griechisch-orthodoxen Gemeinde in Brühl der Fall sein. In zehn Jahren wird hoffentlich die Frage kommen, was wir für die nächsten zehn Jahre planen, denn der Tag der Schöpfung hat dann ja bereits eine feste Tradition in Deutschland.

 

Foto: Generalvikar der Serbisch-Orthodoxen Diözese für Mitteleuropa, Milan Pejic