Studie zu sexualisierter Gewalt veröffentlicht
Mit Erschütterung hat Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden auf die Veröffentlichung der ForuM-Studie reagiert. „In mir ringen eine Fülle von Gefühlen“, sagte sie. „Da ist die tiefe Scham über das Leid, das Menschen in unserer Kirche angetan worden ist. Wir können das nicht nachempfinden – es auch nur zu wollen, wäre vermessen. Ich bin auch wütend auf die, die ihre Ämter zur Befriedigung der eigenen Macht missbraucht haben. Sie haben ihr Amtsversprechen gebrochen, das sie vor Gott und der Gemeinde gegeben haben“. Über die Täterinnen und Täter hinaus trage aber auch die Institution Schuld am Leid der Betroffenen. Sie habe im Umgang mit sexualisierter Gewalt versagt.
„Diese Schuld müssen wir klar benennen“, so Bei der Wieden. Den Menschen, die sich der Mitarbeit an der ForuM Studie gestellt hätten, obwohl damit ihre Wunden wieder aufgerissen worden wären, sei sie unendlich dankbar. „Wir als Kirche wollen alles tun, sie nicht weiterhin zu enttäuschen und alles daran setzen, in Zukunft sexualisierte Gewalt in der Kirche zu verhindern und die noch im Verborgenen liegenden Machenschaften der Täter aufzudecken. „Wir alle sind uns bewusst, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist.“ Die reformierte Kirche hoffe, dass durch den veränderten Umgang mit sexualisierter Gewalt Menschen ermutigt würden, ihnen angetanes Unrecht zu melden, auch wenn die Erfahrungen lange zurück lägen.
Die Evangelisch-reformierte Kirche hat in den vergangenen Jahren bereits ein Angebot geschaffen und setzt die Sensibilisierung und Schulung zur Prävention sexualisierter Gewalt konsequent um. Seit Anfang des Jahres 2023 gibt es in der Evangelisch-reformierten Kirche eine Fachstelle für die Prävention von sexualisierter Gewalt. Deren Mitarbeiterin Manuela Feldmann koordiniert alle Maßnahmen zur Prävention. Inzwischen hat in 21 Kirchengemeinden eine Basis-Schulung zur Prävention stattgefunden. Ziel ist es, bis Ende 2024 auf allen kirchlichen Ebenen Konzepte zur Prävention etabliert zu haben. Manuela Feldmann ist auch Ansprechpartnerin für die Meldung von Fällen sexualisierter Gewalt.
Die Evangelisch-reformierte Kirche beteiligt sich an der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission Niedersachsen-Bremen, in der die aufgedeckten Fälle sexualisierter Gewalt aufgearbeitet und die Ergebnisse der ForuM-Studie einfließen werden.
Die Kirchenpräsidentin hofft, dass die ForuM-Studie den Blick dafür schärfen wird, wo die Aufarbeitung noch unzureichend unterstützt wird und welche weiteren Maßnahmen getroffen werden können, damit Täterinnen und Tätern der Boden entzogen wird. Hier könne die Kirche eine gesellschaftliche Vorreiterrolle anbieten. Sexualisierte Gewalt in der Kirche sei ein besonders schweres Vergehen sei, weil sie der Botschaft des Evangeliums und dem Auftrag der Nächstenliebe förmlich ins Gesicht schlage. Sie sei aber auch Teil eines gesamtgesellschaftlichen Problems, das der Aufarbeitung an vielen Stellen dringend bedürfe.
Die Evangelisch-reformierte Kirche bietet im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der ForuM-Studie zur sexualisierten Gewalt in der evangelischen Kirche seelsorgerliche Begleitung an. Denn durch die öffentliche Diskussion könnten die Wunden von betroffenen Personen, die ihr erlittenes Leid still mit sich tragen, erneut aufreißen, so Bei der Wieden. „Diesen Menschen wollen wir mit unserer Seelsorge-Hotline eine Anlaufstelle bieten.“
ForuM steht für „Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“. Am heutigen Donnerstag, 25. Januar sind die Ergebnisse der unabhängig erstellten Studie der Öffentlichkeit vorgestellt worden.
Auch die Evangelisch-reformierte Kirche hat sich an der Studie beteiligt. Es wurden dafür sämtliche Personalakten von Pfarrern und Pfarrerinnen, die zwischen 1946 und 2020 in einem Dienst- oder Ruhestandsverhältnis standen, auf Hinweise von sexualisierter Gewalt gegenüber Minderjährigen überprüft. Bereits bei der Gesamtsynode im November hatte Kirchenpräsidentin Susanne bei der Wieden über die Ergebnisse dieser Überprüfung berichtet. Zehn Fälle sexualisierter Gewalt seien an den Forschungsverbund gemeldet worden, in denen eine Person verdächtigt oder beschuldigt worden sei. 13 betroffene Personen sind mit diesen Fällen verbunden.
INFORMATION:
Seelsorge-Hotline: 0491 – 91 98 288
Mittwoch, 24.01.2024: 19:00 – 22:00 Uhr
Donnerstag, 25.01.2024: 10:00 – 22:00 Uhr
Freitag, 26.01.2024: 10:00 – 22:00 Uhr
Fachstelle Prävention von sexualisierter Gewalt:
Manuela Feldmann
Telefon: 0491 – 91 98 199
Mail: praevention@reformiert.de
25. Januar 2024
Ulf Preuß, Pressesprecher