Rückblick auf Sibiu
Kirchenpräsidentin Susanne bei der Wieden hat vom 27. August bis zum 2. September an der Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) im rumänischen Sibiu teilgenommen. Alle sechs Jahre trifft sich diese evangelische Organisation auf europäischer Ebene. Sie geht zurück auf die Leuenberger Konkordie, ein Kirchentreffen vor 50 Jahren in der Schweiz, mit dem wesentliche Trennungen innerhalb des Protestantismus überwunden wurden. Zu ihr gehören 96 Kirchen, die 50 Millionen Menschen repäsentieren.
Frau Bei der Wieden, Sie kommen gerade zurück von der Vollversammlung der GEKE, wozu ist denn die GEKE heute da?
In der Leuenberger Konkordie haben reformierte und lutherische Kirchen vor 50 Jahren ihre Kirchengemeinschaft erklärt. Viele europäische Kirchen sind seitdem dazugekommen. Alle haben eigene Verfassungen und eigene Bekenntnisse. Wenn wir in Europa als evangelische Kirchen wahrgenommen werden wollen, ist es gut, sich zu verständigen. Denn es gibt viele Gemeinsamkeiten, aber auch strittige Themen.
zum Beispiel?
Vor allem die Beschäftigung mit dem Themenfeld Gender, Sexualität, Familie fällt manchen Kirchen schwer und führt zu Konflikten. Theologisch diskutieren wir dabei auch über das Bibelverständnis und das Menschenbild. Wir sprechen auch über Fragen des kirchlichen Lebens. In manchen Kirchen sind zum Beispiel nur Getaufte zum Abendmahl eingeladen, in anderen dürfen alle teilnehmen. Wie gehen wir damit um? Und: Wie reden wir von Gott in der säkularen Gesellschaft? Das war jetzt in Sibiu dran.
Also eher theologische Fragen?
Nicht nur, wir haben auch über aktuelle Erfahrungen der Kirchen nachgedacht: Die kleinen Kirchen in Osteuropa leiden sehr darunter, dass immer mehr ihrer Gemeindeglieder nach Nordeuropa abwandern. Dort arbeiten – in der Pflege und der Landwirtschaft – und ihre Kinder bei Verwandten in den Heimatländern zurücklassen. Für diese „Eurowaisen“ engagiert sich die GEKE auch diakonisch. Und sie unterhält ein Büro beim Europarat in Straßburg und berät Abgeordnete in kirchlichen oder ethischen Fragen. Das ist wichtig, weil viele der Abgeordneten gar nichts mehr von der Kirche wissen.
Aber die Vollversammlung findet doch nur alle sechs Jahre statt?
Die Arbeit geschieht fortlaufend in Regionalgruppen oder Arbeitsgruppen. Die Vollversammlung ist aber ganz wichtig, um die Ergebnisse aus diesen Gruppen zu sammeln, zu beraten und weiterzugeben. Noch wichtiger ist, dass wir als Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen Zeit haben, uns zu begegnen und kennenlernen. Das schafft Vertrauen.
Und warum ist es denn für Sie als Kirchenpräsidentin wichtig, dorthin zu fahren?
Mir ist diese Arbeit sehr wichtig. Ein Teilnehmer hat es sehr schön ausgedrückt: Die GEKE ist ein Netzwerk der Hoffnung. Denn die Verwerfungen, die wir in den europäischen Ländern zurzeit erleben, gehen ja auch in die Kirchen hinein. Wir können sie auch nicht ganz überwinden. Aber die GEKE öffnet Räume, miteinander zu reden. Lernen, einander zu verstehen. Und das, was uns trennt, gemeinsam ins Gebet zu nehmen und an den Tisch des Herrn. Solch ein Miteinander kann auch Beispiel sein für Europa insgesamt.
4. September 2024
GEKE-Vollversammlung im Web