„In Verantwortung vor Gott und den Menschen“
Die Evangelisch-reformierte Kirche hat in einem Gottesdienst in Leer an die Bedeutung des Grundgesetzes für das Zusammenleben der Menschen erinnert. In der Großen Kirche in Leer sagte der juristische Vizepräsident Helge Johr, dass das Menschenbild des Grundgesetzes und des Christentums fast deckungsgleich seien: „Alle Menschen sind gleichwertig und jeder Mensch hat eine unantastbare Würde.“
Johr predigte im Gottesdienst aus Anlass des 75-jährigen Bestehens des Grundgesetzes zusammen mit der Präsidentin von Brot für die Welt, Dagmar Pruin. Pruin hob hervor, dass die unveräußerliche Würde des Menschen bereits in einer der Schöpfungsgeschichten der Bibel angelegt sei. „Nicht mehr nur der König herrscht als das Ebenbild Gottes, nein, jeder einzelne Mensch, jeder Mann und jede Frau, soll als Ebenbild Gottes über die Schöpfung herrschen.“ Dies sei für die Zeit des Alten Orients eine radikale Demokratisierung gewesen.
Pruin räumte aber auch ein, dass es von diesem biblischen Text bis zu einer Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte durch die Kirchen ein langer Weg gewesen sei. Dies habe bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gedauert. Pruin: „Und dass trotz dieses wunderbaren Textes, das lässt ganz schön bescheiden werden.“
Der Gottesdienst in Leer gehörte zu einer bundesweiten Aktion der 20 evangelischen Landeskirchen zur Präambel und den 19 Grundrechten des Grundgesetzes. Vizepräsident Johr sagte: „Der Gedanke der Gleichheit aller Menschen vor Gott, bedeutet auch die Gleichrangigkeit aller Menschen.“ Er lobte in seiner Predigt die Unantastarkeit der Menschenwürde und die demokratische Verfasstheit der Bundesrepublik, wie sie Artikel 1 und 20 garantieren. Es sei gut, dass diese Artikel nicht verändert werden dürften. Notwendig sei aber auch, täglicher Einsatz für diese Werte. „Es braucht Mitwirkung und Gemeinschaft. Nur wenn wir uns bewusst sind, dass wir in einer Gemeinschaft leben, die wir selbst mitgestalten, kann sich diese Gemeinschaft entwickeln.“
Landeskirchenmusikdirektor Winfried Dahlke überraschte die Beucherinnen und Besucher mit seiner Eröffnungsmusik. Passend zum Tag der Europawahl spielte er an der Orgel das Te Deum von Marc-Antoine Charpentier, das als Eurovision-Hymne bekannt wurde.
9. Juni 2024
Ulf Preuß, Pressesprecher
Bild oben: Vorne rechts (von rechts nach links): Die Pastorin der Evangelisch-reformierten Gemeinde Leer, Carolin Springer, Vizepräsident Helge Johr und die Präsidentin von Brot für die Welt, Dagmar Pruin