Beratungen zur Zukunft des Religionsunterrichts
Die Kirchen in Niedersachsen streben bis 2025 einen gemeinsamen Christlichen Religionsunterricht an, der den bisherigen konfessionell getrennten Unterricht ablösen soll. Bei einem Kongress in Hannover gab es für dieses Modell große Zustimmung.
Rund 200 evangelische und katholische Religionslehrkräfte sowie Vertreterinnen und Vertreter der Schulen haben am Montag in Hannover über den weiteren Kurs auf dem Weg zu einem gemeinsamen Christlichen Religionsunterricht beraten. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) unterstützte dabei das von den Kirchen geplante Modell. „Ich finde diesen Weg ausgesprochen mutig und richtig“, sagte er bei dem Kongress. Der in Niedersachsen eingeschlagene Weg sei bundesweit einzigartig.
Die evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer in Niedersachsen hatten im vergangenen Jahr vorgeschlagen, den evangelischen und katholischen Religionsunterricht an den Schulen zusammenzuführen. Dabei sollen evangelische und katholische Schüler gemeinsam unterrichtet und nicht mehr getrennt werden. Das Fach soll erstmals zum Schuljahr 2025/2026 angeboten werden. Es soll zugleich offen für alle anderen interessierten Kinder und Jugendlichen sein.
Ein solcher Unterricht sei aus religionspädagogischer und demografischer Sicht sinnvoll, sagte Tonne im Kongresszentrum. Viele Lehrkräfte, Schüler und Eltern wünschten sich einen solchen Schritt. Er werfe aber zahlreiche organisatorische Fragen auf. Das Kultusministerium werde alle diese Fragen konstruktiv prüfen, versicherte Tonne.
Für die evangelischen Kirchen sagte der der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit, die religiöse Bildung in der Schule stehe vor tiefgreifenden Veränderungen. Für die Zukunft des Religionsunterrichts sei es deshalb unbedingt notwendig, das Fach weiterzuentwickeln. Die Neuausrichtung sei jedoch „ein komplexes Unterfangen“. Adomeit ist Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen.
Der Hildesheimer katholische Bischof Heiner Wilmer betonte, ein solches neues Fach sei eine Chance in einer Zeit, in der die Zahl der Christen abnehme. „Wir können nur Zeugnis geben, wenn wir zusammenstehen“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Es geht nicht um eine Verwischung der Unterschiede, sondern darum, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen für die Zukunft der Gesellschaft.“ Tradierte Vorurteile und Stereotypen müssten und könnten dabei überwunden werden. Wilmer war vor seiner Zeit als Bischof selbst Schulleiter im Emsland und unterrichtete dort auch Religion.
Die evangelische Bildungsexpertin Kerstin Gäfgen-Track sagte: „Die Plausibilität für einen getrennten Religionsunterricht ist schulisch und gesellschaftlich überhaupt nicht mehr vermittelbar.“ Deshalb sei das neue Modell eine Chance: „Es wäre ein Segen für die Schulen.“ Es werde ihnen auch die Organisation des Unterrichts erleichtern. Religiöse Bildung sei unerlässlich für die Gesellschaft, betonte die Bevollmächtigte der Konföderation: „Nur wenn man voneinander weiß, warum eine Religion, eine Kultur so tickt, können wir in dieser zunehmend multikulturellen Gesellschaft ein gutes Zusammenleben organisieren.“
Für den Landesschülerrat sagte der Vorsitzende Malte Kern, der gemeinsame Christliche Religionsunterricht sei ein richtiger Schritt. „Allerdings sollte dieser Gedanke noch weiter fortgeführt werden“, betonte er. Ein solcher Unterricht könne der Anfang sein für ein einen Religionsunterricht, an dem alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von einer Religionszugehörigkeit teilnehmen könnten.
An dem Kongress nahmen auch Vertreter von Eltern und Schulbehörden teil. Organisator war neben der Konföderation das Katholische Büro Niedersachsen. (epd)
10. Oktober 2022
Evangelischer Pressedienst (epd)